Prinzipien des erfolgreichen Kampfes

Kampf ist eine Möglichkeit, aber kein Muss

Im japanischen gibt es drei Prinzipien des Kampfes.
Go no sen, sen no sen, sen sen no sen.
Diese Strategien haben ihren Ursprung im Schwertkampf.
Jede waffenlose Disziplin ist Folge aus dieser Schwertkunst.

Go no sen beruht auf dem Prinzip Aktion – Reaktion. Dem dritten Buddhistischen Diamanten.
Alles auf dieser Welt unterliegt dem Prinzip von Aktion und Reaktion. Alles was ich mache hat Auswirkungen und auf die wird wieder reagiert. Eine endlose Schlange an Abhängigkeiten.
Wann die erste Aktion war ist Gegenstand jeder Religion. Im Buddhismus wird das als gegeben hingenommen.
Beim Kampf heißt das grob gesagt. Initiative. Wer diese übernimmt hat höhere Chancen auf den Gewinn.
In der Kampfkunst ganz allgemein bedeutet das, wer zuerst angreift erhöht seine Chancen auf den Sieg, weil man den Gegner zur Reaktion zwingt. Damit nimmt man dem Gegner die Möglichkeit seinerseits den ersten Angriff zu starten.

Die zweite Strategie, das zweite Prinzip heißt sen no sen.
Wir wissen, dass der Gegner ZUERST angreifen wird und stellen uns darauf ein. Unser Ziel ist es seinen Angriff zu parieren, um unseren sofort, beinahe zeitgleich auszuführen.  Wir offerieren Punkte und offene Stellen an unserem Körper, um den Gegner einzuladen dorthin anzugreifen. Im Wissen, um unsere offenen Stellen können wir gelassen den Angriff entgegennehmen und mit der Parade obsiegen.

Dieses Prinzip gilt in vielen Anwendungen, anderen Sportarten als Königsdisziplin. Es wird mit Schach verglichen. Im Fussball ist das dem Einleiten eines Angriffes über vier Stationen zum Tor gleich zu setzen. Oder im Basketball wenn die Angreifer sich um den Ring des Gegners aufstellen und dann in einer Blitzaktion, wo alle fünf Spieler sich auf vorgegebenen Routen bewegen, um einem Spieler den Weg zum Korb zu öffnen.

Zum sen no sen kommt man nur über go no sen. Die Erfahrung des Aktiven, des Erstangreifers, mit dem entsprechendem Gewinnen oder Verlieren macht es möglich seinen Geist soweit zu öffnen, einen Schritt weiter VORWÄRTS im Kampf zu gehen. Ich komme gedanklich dem Gegner entgegen, gehe einen Schritt auf ihn zu. Damit verkürzt sich die Zeit der Aktion für Ihn und für mich. Deswegen brauche ich gute Reaktionsfähigkeit und gute Reflexe gepaart mit einem ruhigen Kopf und Atem.

Das letzte ist sen sen no sen.
Wir verschieben das Timing noch weiter nach vorne, VOR den Kampf. Wir verunsichern den Gegner schon vorher. Wir bringen ihn dazu zu denken, wie wir. Manchen nennen es „primen„, andere „Trashtalk„, andere „Auftreten und Aura„.
Egal, schon vor dem Kampf weiß ich gegen WEN ich kämpfen werde, kenne die Stärken und Schwächen des Gegners, sein Umfeld, benutze jede seiner Ängste als meine Waffe. Steigt er dann mit mir in den Ring, bin ich vorbereitet.

Und in der Kampfkunst ist es der schönste Sieg, wenn ich dann sen no sen, das zweite Prinzip anwende.
Muhamed Ali war Meister in dieser Disziplin. Wer seine Shows vor und in einem Kampf studiert, weiß wovon ich rede. Die meisten von Ihnen sind allerdings zu jung dafür.
Vielleicht kennen Sie den HAKA vor einem Australian Football Spiel, der Kriegstanz der Maori.

Oder das Schreien der Indianer vor einem Kampf. Oder das Schreien der Samurai. Wie auch immer, der Gegner soll vorher eingeschüchtert werden. Er soll an die Wand gedrückt werden. Was macht er dann? Genau, angreifen und wir können darauf reagieren und gewinnen.

Das alles ist rational sehr leicht zu verstehen und einleuchtend. Geht es um Sport, geht es um Kampfkunst fühlt sich jeder, der die nicht betreibt, sicher. Geht es ums Business sind diese Prinzipien im NLP, oder im Lernen von Verhandlungsführung und dergleichen auch heute ab einem gewissen Level von Ausbildung und Firmenhierarchie normal und werden vorausgesetzt. Deswegen wird nicht jeder CEO, oder zweite Ebene, weil zuviel Emotion den Gedanken an diese Prinzipien im Wege stehen.
Manchen gefällt dies, andere finden es moralisch verwerflich prinzipiell so zu agieren.

Prinzipiell ist eines aber vollkommen klar. Dieses drei Prinzipien funktionieren nur mit einem Gegenüber. Wie man das auch immer nennen mag.

Was aber, wenn wir plötzlich unerwartet, abseits der dafür vorher gesehenen Bereiche ungewollt damit konfrontiert werden?

So ist es uns allen beim diesem verabscheuungswürdigen, ehrlosen, sinnlosen Anschlag ergangen.  Wir wurden mit etwas komplett undenkbarem, ungewollt konfrontiert. Wir wurden zum reagieren GEZWUNGEN!

Dieser ZWANG macht uns Schwierigkeiten. Wir können damit nicht umgehen. Wir haben niemandem die Erlaubnis erteilt uns so zu behandeln.
Jeder fragte sich, was soll jeder einzelne nun tun?

Die einen trotzen. „Nicht mit mir, wir lassen uns nicht unterkriegen.“

Die anderen haben Angst.

Wieder Andere sind hilflos und bitten um Hilfe.

Die anderen versuchen mit Objektivität daran zu gehen und Hintergründe zu durchleuchten, um einen Schuldigen auszumachen.

Und niemand merkt, dass jeder dabei in die Falle von sen sen no sen läuft, aus der es OHNE Gegner kein herauskommen gibt!

Dieser Verbrecher, dieser Unmensch startete seine Aktion mit einer Gewissheit.
Er wird diesen Abend nicht überleben. Deswegen hat er einen Fake Bombengürtel umgeschnallt, um sicher zu gehen erschossen zu werden. Er zog sich damit aus der Verantwortung.

Für uns bedeutet das, es ist uns der Gegner abhanden gekommen!
Wir stehen machtlos diesem Faktum gegenüber. Deswegen weiten wir instinktiv die Suche nach Möglichkeiten der Verantwortungszuschiebung aus. Wir verurteilen, wir analysieren, wir trotzen, wir weinen, wir fürchten uns, wir denken nach. Wir werden durch diese Taten geführt, gelenkt, verbraucht.

Natürlich verlange ich vom Staat, von der Politik volle Aufklärung. Natürlich verlange ich, dass so etwas mit aller Kraft zukünftig verhindert wird.

Aber Hand aufs Herz. Hilft uns als Mensch das JETZT?

Ich persönlich denke NEIN. Weil wir noch immer REAGIEREN. Wir spielen noch immer nach der Pfeife, dieses Idioten. Und selbst wenn ich mich dazu entschließe das alles zu ignorieren, war ja doch der Anschlag der Auslöser und damit die Aktion.

Was also tun? Was als Einzelner für sich selbst tun?
Nichts.
Sich selbst dieses Faktums bewusst werden und nichts.

Wir leben in einer Welt, in der das Wissen um ein Problem die meisten Menschen dazu auffordert, sofort nach einer Lösung zu suchen. Problemlösungskompetenz wird das genannt.
Wer mehr Probleme lösen kann, muss ein besserer Mensch sein. Wir haben eine eigene Sparte der Wirtschaft, die sich ausschließlich darauf versteigt, zu analysieren! Daten, Zahlen, Währungen, Wirtschaften, Analyse, Analyse.
Diese werden dann anderen übermittelt, um daraus Lösungen zu generieren. Im Prinzip wird hier nichts Produktives gemacht. Es wird immer nach Fehlern gesucht.

Der Kampf des heutigen Lebens in der westlichen Welt ist der Kampf gegen Probleme. Das geht sogar soweit, dass wenn wir gar keine Probleme haben, wir uns selbst welche machen. Die Figur, mein Ansehen, mein Status, mein Umfeld, die Nachbarn, alle MACHEN Probleme.
Wir müssen diese lösen.

NEIN.
Nach diesem Anschlag, nach diesem Zwang, kann niemand etwas LÖSEN, niemand etwas besser machen, niemand etwas anders machen.

Wir können nur WEITER machen.

Wir müssen durch das Geschehene durch. WIE?
Weiter machen.
Mit der Zeit verfliegt die Angst, mit der Zeit verfliegt der Hass, mit der Zeit verfliegt der Drang nach REAGIEREN.

Jeder sollte jetzt das machen was er/sie am BESTEN können und nicht das, was jeder am wenigsten kann, nämlich mit so einem Verbrechen klar zu kommen.
Es gibt Menschen, die können am besten helfen. Geh Sie zu so einem Menschen!
Es gibt Menschen, die können am besten andere zum Lachen bringen.
Gehen Sie zu so einem Menschen!
Es gibt Menschen, die können andere am besten beruhigen.
Gehen Sie zu so einem Menschen!

Weiter machen, und falls es noch niemandem aufgefallen ist.
Sie alle HABEN weiter gemacht.
Sie haben alle,  bis auf die armen Opfer, weiter geatmet. Weiter gelebt, weiter gesehen und weiter gehört.

Einfach weiter machen.
Wenn jeder das macht, was er am Besten kann, anderen damit zur Verfügung steht, DANN haben wir es GEMEINSAM, GESCHLOSSEN und als TEAM gemacht.
Anders wird es nicht gehen, anders geht es nicht, anders ist es nie gegangen!

Facebook
Twitter
WhatsApp